Was ist eigentlich los mit Deutschlands Hunden und ihren Menschen?
Einer
der ersten schönen Sonntage im Frühling. Ein vollbesetztes Ausflugslokal.
Unter den Gästen auch sieben Familien mit Hund. Hund eins ist
am Zaun angebunden und kläfft ununterbrochen. Hund zwei wuselt
rastlos um seine Leute herum, bettelt und springt an ihnen hoch,
bis die Getränke verschüttet sind und Herrchen und Frauchen in
Streit geraten. Hund drei pinkelt zwei Meter vom nächsten Tisch
entfernt gegen einen Stein, während Frauchen die Leine hält und
sich amüsiert über sein unmögliches Benehmen auslässt. Hund vier
läuft frei zwischen den Tischen herum und interessiert sich ausschließlich
für Hund fünf, der im Kommando „bleib Platz“ als einziger artig
unter dem Tisch liegt und die Annäherungsversuche deutlich leid
ist. Als sein Herrchen Hund vier fortschickt, handelt er sich
den geballten Zorn von dessen Haltern ein: „Geh doch nach Hause
mit deinem Hund, wenn der nicht spielen will!“ Hund sechs sitzt
auf Frauchens Schoß und frisst mit herablassendem Gesichtsausdruck
deren Sahnekuchen - vom Löffelchen, versteht sich. Und Hund sieben
saust, das Geschrei seiner Leute ignorierend, hinter einem Jogger
her, der den guten Ratschlag „Bleiben Sie einfach stehen, dann
passiert nichts!“ erhält.
Was
ist eigentlich los mit Deutschlands Hunden und ihren Menschen?
Alltagsärger und Verdruss über ungezogene und verhaltensgestörte
Hunde, über inkompetente und rücksichtslose Halter haben den Nährboden
bereitet für Kampfhund-Hysterie, drastische und unsinnige Hundeverordnungen
und offenen Hundehass. Doch wie konnte es passieren, dass die
jahrtausendealte Symbiose zwischen Mensch und Hund in einen solchen
Aufruhr geraten ist?
Mit
den rapiden Veränderungen in der Gesellschaft hat sich in vielfältiger
Weise auch das Verhältnis zwischen Mensch und Hund gewandelt.
Einerseits wird es enger in Deutschland - wo vor 30 Jahren noch
ein einsamer Ausflug möglich war, muss sich der Erholungssuchende
heute seinen Weg zwischen Scharen von keineswegs Gleichgesinnten
bahnen. Jogger, Skater, Radfahrer, Spaziergänger, Familien mit
Kleinkindern, Reiter und eben Hundehalter müssen sich die raren
Grünflächen in den Ballungsgebieten teilen - die Stimmung ist
vielfach gereizt, Ärger zwischen allen Interessengruppen ist programmiert,
zumal Intoleranz und Berührungsängste, Rücksichtslosigkeit und
Rechthaberei generell zunehmen. Mancher fühlt sich durch die pure
Präsenz eines Hundes belästigt und gefährdet.
Viel
gravierender aber ist, dass sich Hund und Halter einander bedenklich
entfremdet haben. Der Hund hat seinen Job als Wächter des Hofs,
Hüter des Viehs, Jäger oder auch nur als Begleiter durch den Alltag
verloren, sein Bewegungsspielraum wird immer weiter eingeengt.
Nur wenige glückliche leben heute bei den Menschen, die den Hund
als Hund behandeln, weil sie wirklich Bescheid wissen über Rudelverhalten
und Triebe, über artgerechte Haltung und Beschäftigung. Die weitaus
meisten dienen als Kinderspielzeug, Partner- oder Kinderersatz,
als Statussymbol, modisches Accessoire oder Sportgerät, oder sind
aus einer Laune heraus angeschafft und längst lästig geworden.
Unsachliche
Affenliebe und eine gefährliche Laisser-faire-Mentalität hat Fachkunde
und konsequente Erziehung abgelöst. Selbstgebastelte Verhaltenstheorien
werden bei jeder Gassi-Begegnung weitergereicht und erhalten dadurch
irgendwann den Status unumstößlicher Weisheiten, etwa die Mär
vom Welpenschutz (der viele Hundekinder böse Erfahrungen verdanken),
der Grundsatz, „das machen die unter sich aus“ (ein todsicherer
Weg, sich einen Problemhund heranzuziehen) oder die Regel „Rüden/Hündinnen
untereinander vertragen sich eben nicht“ (eine bequeme Ausrede
für ein Aggressionsproblem).
Hunde
werden mal vermenschlicht und verhätschelt, mal sträflich vernachlässigt
oder dumm und roh behandelt. Eine Industrie, die lächerliches
und überflüssiges Zubehör wie Regenmäntelchen und Videos für den
Hund als Zeitvertreib bei Frauchens Abwesenheit verkauft, macht
Rekordumsätze. Gleichzeitig verstaubt das durchaus vorhandene,
fundierte Wissen über den Hund, sein Wesen und den Umgang mit
ihm in den Bücherregalen. Jeder glaubt, nur er allein versteht
seinen Liebling und weiß, was gut für ihn ist.
Ein
übergroßer Teil der Halter ist aber weder bereit noch in der Lage,
seine Hunde sachgerecht und erfolgreich zu erziehen. Kaum ein
Hund beherrscht heute die einfachsten Gehorsamsübungen wie „Bei
Fuß“, kaum ein Halter hat sein Tier auch in Reizsituationen sicher
im Griff. Gerichte beschäftigen sich regelmäßig mit Belästigungen
und Gefährdungen, denen Menschen durch Hunde ausgesetzt sind.
Manche Nachbarschaft wird durch dauerkläffende Hunde zermürbt,
Radfahrer und Skater kommen durch unkontrolliert herumspringende
Hunde zu Fall. Dabei sehen es viele Hundebesitzer noch als gutes
Recht ihrer Tiere an, sich so zu verhalten.
Die
meisten Halter erkennen noch nicht einmal, wenn ein anderer -
erzogener - Hund gerade ein Kommando befolgt und jetzt nicht von
spielwütigen Artgenossen überfallen werden möchte. Verbreitet
herrscht regelrecht Mitleid mit Hunden, die nicht rund um die
Uhr machen dürfen was sie wollen. Dass ein wohlerzogener Hund
letztendlich mehr Freiheiten und ein erfüllteres Leben hat, als
der, der zweimal am Tag für eine halbe Stunde auf der Hundewiese
losgelassen wird und ansonsten zuhause bleiben muss, weil er überall
unangenehm auffällt, sehen die wenigsten.
Mit
diesen Auflösungserscheinungen hat das Hundewesen in Deutschland
nicht Schritt gehalten. Wer seinen Hund nicht zur Jagd, im Hundesport
oder Schutzdienst ausbilden, sondern nur einen ganz normalen,
alltagstauglichen Familienhund will, ist einer unkontrollierten
und weithin unprofessionellen Szene ausgeliefert. Hundehaltung
und -erziehung gelten nach wie vor als Hobby, Scharlatanerie und
Stümperei sind an der Tagesordnung. Der Besuch einer Hundeschule
gehört zwar heute für viele dazu, doch eine solche darf jeder
eröffnen, der über ein eingezäuntes Grundstück verfügt. Es wimmelt
in der Szene von wohlmeinenden, aber konzeptlosen Autodidakten,
selbsternannten Gurus und „Hundeflüsterern“, die sich am liebsten
mit dem Etikett „gewaltfrei“ schmücken. Sie versprechen grenzenlose
Harmonie in der „Partnerschaft von Mensch und Tier“, rasche Wunderheilungen
von Verhaltensstörungen und verteufeln jede Strafeinwirkung als
Tierquälerei.
Damit
haben sie natürlich mehr Glanz und Zulauf als bodenständige Ausbilder,
die ganz herkömmlich mit Lob und Strafe arbeiten, auf konsequenter
Unterordnung bestehen und den Haltern einen langen, steinigen
Weg und einen lebenslangen Lernprozess prophezeien.
Mancher
gut gemeinte Erziehungsversuch, mancher teure Kurs endet für Hund
und Halter in einem Desaster, wenn die beiden an dilettantische
Ausbilder geraten sind und aus Unwissenheit falschen Theorien
folgen. Ungehorsam und Fehlverhalten sind nach dem Kurs oft schlimmer
als vorher. Durch diese verbreitete Erfahrung setzt sich nicht
nur in Hundehalter-Kreisen die Meinung durch, es sei normal, dass
Hunde nicht gehorchen und, einmal losgelassen, in ihrem Verhalten
nicht kontrollierbar sind. Entsprechend sind auch die Hundeverordnungen
formuliert - Leinenzwang für alle. Dass ein Hund korrekt im Gehorsam
stehen und sich tadellos benehmen kann, scheint gar nicht mehr
denkbar. Viele Züchter nähren Inkompetenz und mangelndes Engagement
in der Ausbildung noch damit, dass sie ihre „leicht erziehbaren“
und „kinderlieben“ Rassen, den wartungsfreien Vollkasko-Hund sozusagen,
anpreisen.
Jeder
Hund, vom Pudel bis zum Pitbull, ist jedoch mit drei Merkmalen
ausgestattet: Er ist ein Rudel- und damit Rangordnungstier. Er
ist triebgesteuert. Und er ist lernfähig. Das heißt: Entweder
führt der Mensch ihn oder er den Menschen. Gleichberechtigte Partnerschaft
kommt in seinem Weltbild nicht vor. Wie alle sozialen Lebewesen
verfügt er nicht nur über liebenswerte Eigenschaften, sondern
auch über ein beachtliches Aggressionspotential. Er folgt seinen
angeborenen Impulsen (Hetz-, Beute-, Sexualtrieb), wenn sie nicht
von Anfang an schon in kleinsten Ansätzen konsequent gebremst
werden - das lässt sich nicht ausschließlich mit Lob und Leckerchen
erreichen. Er lernt entweder, sinnvolle Kommandos zu befolgen,
oder er lernt, dass er machen kann was er will.
Jedem
Hundebesitzer sollte klar sein, dass auch der niedlichste und
friedlichste Hund erzogen werden muss, will der Mensch mit ihm
ohne ständige Zwischenfälle und Ärger über Unarten zusammenleben.
Die landläufige Ansicht, dass aus einem Hund, der einfach nur
liebevoll behandelt wird, zwangsläufig ein „lieber Hund“ wird,
entbehrt jeder sachlichen Grundlage.
Zudem
gibt es dramatische Fehleinschätzungen des Verhaltens des eigenen
Hundes: Zerren an der Leine, Aggression gegen Artgenossen, Dauerkläffen,
Trennungsängste, Belästigen fremder Leute und Aggression gegen
Menschen, etwa in Form von Futter- oder Revierverteidigung oder
knurrende Behauptung auf dem Sofa gegen die eigene Familie werden
als „Hundeart“, als „liebenswerte Macken“ belächelt und hingenommen
- solange es gut geht. Sie sind aber der Anfang einer Karriere
als Problemhund.
Denn
diese lästigen oder gar gefährlichen Unarten sind immer Ausdruck
einer gestörten Rangordnung im „gemischten Mensch-Hund-Rudel“.
Und ist die Rangfolge falsch, wird sich der Hund immer weiter
zum Chef aufschwingen und seine Triebe ungehemmt ausleben. Bei
weitem nicht immer, aber auch nicht selten wird ein solcher Hund
schließlich bissig. Das bedeutet natürlich nicht, dass er ständig
und jeden attackiert. Er ist die meiste Zeit weiterhin fröhlich
und liebenswert. Gefährlich wird er jedoch in Situationen, die
in seinen Augen einen Rangordnungskonflikt darstellen - etwa,
wenn sich ein Kind unwissentlich der Futterschüssel nähert, wenn
er vom Sofa vertrieben werden soll oder wenn ein Fremder ins Haus
kommt. Dabei kann schon das zwischen Hunden übliche, eigentlich
harmlose „Abschnappen“ Richtung Gesicht beim Menschen zu schweren
Verletzungen führen - deshalb werden Kinder tragischerweise so
oft dauerhaft entstellt.
Das
Medienmonster, das auf der Straße unmotiviert fremde Menschen
anfällt, ist also die absolute Ausnahme - wenn überhaupt, handelt
es sich hier um missbräuchlich scharf gemachte Hunde. Das Risiko,
auf dem Spaziergang von einem entgegenkommenden Hund ernsthaft
attackiert zu werden, ist kaum größer als das, von dessen Herrchen
erschossen zu werden. Beißunfälle passieren hingegen in aller
Regel innerhalb der Familie oder des häuslichen Bereichs. Diese
Vorfälle werden vielfach totgeschwiegen, die Hunde werden eingeschläfert
oder ins Tierheim entsorgt - beim neuen Besitzer sind sie womöglich
dank kompetenter Führung völlig problemlos. Erstaunlich viele
Menschen leben aber mit dem Problem weiter, es gibt durchaus Fälle,
in denen Menschen mehrfach vom eigenen Hund arztreif gebissen
worden sind.
Überproportional
beteiligt an solchen Zwischenfällen sind den Erfahrungen zufolge
Kleinhunde sowie Modehunde wie Golden Retriever, Bobtail oder
Berner Sennenhund. Grund in 99 von 100 Fällen: mangelnde Erziehung,
fehlende Unterordnung, Verhätscheln, Vermenschlichung. Der Hund
war einfach zu niedlich, um ihn wie einen Hund zu behandeln. Er
schlief auf dem Sofa, bekam stets seinen Willen, stand immer im
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit - kurz, die Familie ordnete sich
ihm als Rudelführer freiwillig unter.
Auch
der Großteil der spektakulären Attacken der Vergangenheit hat
im privaten Bereich stattgefunden, oder aber in Situationen, in
denen sich die Hunde gegen den Willen ihrer Besitzer selbstständig
gemacht hatten. Es muss also einleuchten, dass mit Hundeverordnungen,
die auf Rasselisten und bürokratischen Vorschriften beruhen, nicht
viel gewonnen ist. Sie haben auch nicht zu einem nennenswerten
Rückgang der Beißvorfälle geführt, auch wenn die Politik dies
gern anders verkauft.
Das
Kind, das auf der Suche nach seinem Ball über den Zaun eines fremden
Grundstücks klettert, oder das Tag für Tag mit einem unzuverlässigen
Hund zusammenlebt, die alte Dame, die einem ausgebüchsten Rottweiler
in die Quere kommt, werden nicht dadurch geschützt, dass Leinenzwang
und hohe Bußgelder auf dem Papier stehen. Schluss mit den Horrormeldungen
- und ganz nebenbei auch mit dem Alltagsärger - wird erst dann
sein, wenn Hundehalter zwingend dazu verpflichtet werden, ihre
Hunde zu Zuverlässigkeit, Gehorsam und unbedingtem Respekt vor
allen Menschen zu erziehen, und wenn diese Vorschrift auch kontrollier
wird. Ein solches Ziel ist völlig unabhängig von Rasse und Größe
des Hundes.
Leider
ist es bisher nicht gelungen, das Thema in sachlicher Weise auf
die politische Tagesordnung zu setzen. In Politik und Medien gibt
es eine schwer erklärbare Verweigerung, sich mit dem Thema Hundehaltung
und Schutz der Bevölkerung vernünftig inhaltlich auseinander zu
setzen. Grundsätzlich wird ein Gegensatz zwischen Eltern und Hundebesitzern
konstruiert, obwohl Hunde ganz überwiegend in Familien gehalten
werden. Professionelle Hundeausbilder, deren Beruf es ist, Hunde
alltagstauglich und menschen-kompatibel zu erziehen, werden als
verantwortungslose „Köter-vor-Kinder“-Aktivisten abgetan, wenn
sie bestehende Regelungen als unsinnig kritisieren. Argumente
verhallen ungehört. Dabei reden seriöse Hundefachleute keineswegs
jenen nach dem Mund, die meinen, dass in der Hundeszene bis auf
ein paar schwarze Schafe alles in bester Ordnung sei. Obligatorische
Erziehung, deren Erfolg regelmäßig und ein Hundeleben lang kontrolliert
wird, ist eine viel unbequemere Sache, als einem ungezogenen Hund
einfach Leine und Maulkorb umzuhängen. Schließlich haben frühere
Generationen ja auch nicht auf die steigende Verkehrsdichte damit
reagiert, dass Autos nicht schneller als 20 fahren durften, sondern
Fahrschule, Führerschein und TÜV eingeführt.
Ähnliches
ist im Hundewesen denkbar: Haltungsgenehmigung vor Anschaffung
des Hundes, zwingender Besuch eines Grundausbildungskurses, Ablegen
einer Prüfung und regelmäßige Vorstellung des erwachsenen Hundes
zu Wesenstests. Begleitend müssen „Verkehrsregeln“ aufgestellt
werden, damit auch dem letzten klar wird, dass Hunde sich nicht
überall lösen dürfen, dass es selbstverständlich ist, den Hund
bei Annäherung anderer Menschen bei Fuß zu rufen, dass Hunde nicht
an fremden Kinderwagen zu schnüffeln und Nachbars Katze zu jagen
haben, und dass es auch im Umgang fremder Hunde untereinander
Regeln zu beachten gibt.
Das
Ausbildungsziel - wie immer es erreicht wird - ist einfach zu
definieren: Der alltagstaugliche, problemlose, aber natürlich
auch freudige Familienhund. Er befolgt prompt und unter allen
Umständen die Basis-Kommandos „bei Fuß“, „sitz“, „platz“, „bleib“,
„hierhin“ und „pfui“. Er ist verträglich mit allen Artgenossen,
und lässt andere Tiere in Haushalt, Wald und Feld in Ruhe. Er
zeigt unter gar keinen Umständen Aggression gegen Menschen, also
auch nicht in Form von Revierverteidigung oder Beschützergehabe.
Dies alles muss auch dann zuverlässig funktionieren, wenn der
Besitzer nicht dabei ist.
Das
Ziel ist von fast allen Hunden zu erreichen, unabhängig von Rasse,
Alter und Biografie. Klar muss jedoch auch sein, dass besonders
triebstarke Hunde oder Hunde mit gravierenden Verhaltensproblemen
und -störungen nur in sehr erfahrenen und konsequenten Händen
erfolgreich erzogen werden können.
Wichtig
ist die regelmäßige Nachkontrolle, weil sich auch bestens ausgebildete
Hunde durch nachlässige Führung im Laufe der Jahre negativ entwickeln
können. Der heute übliche „Wesenstest“ ist daher irreführend,
weil ein Hund nicht seinem Wesen nach ein für allemal „gut“ oder
„schlecht“ ist, sondern immer ein Spiegel seiner Handhabung durch
den Besitzer.
Diese
strengen Vorschriften können dazu beitragen, dass sich potenzielle
Hundehalter von vornherein besser überlegen, welcher Hund zu ihnen
passt, oder ob sie überhaupt bereit sind, diesen Aufwand zu treiben.
Für die ungezählten Hunde, die nur gezüchtet werden, um ein trostloses
und nicht artgerechtes Leben bei desinteressierten und unfähigen
Besitzern fristen, und für die vielen engagierten Hundehalter,
die unter den Dummheiten der Verantwortungslosen leiden, wäre
eine solche Selektion im Vorfeld ein echter Fortschritt. Lernwilligen,
die bisher keine wirksame Unterstützung gefunden haben, wäre endlich
geholfen.
Dazu
müssen jedoch erst einmal Strukturen geschaffen werden. Es fehlt
aber schon an wirklich sachkundigem Personal im Begleithunde-Wesen.
Es gibt keine geregelte Ausbildung der Ausbilder, wie sie etwa
in der Reiterei seit Generationen üblich ist. Maßstab der Fachkunde
kann aber nur sein, ob jemand Hunde im Sinne des oben skizzierten
Zieles erfolgreich ausbildet. Die bisher geltenden Hundeverordnungen
haben Tierärzte oder Beamte zu Wesenstestern und Sachkunde-Prüfern
erhoben - sie alle sind aber keine Verhaltensexperten. So mancher
hochaggressive Hund läuft deshalb in diesem Land mit offizieller
Leinen- und Maulkorbbefreiung herum, während die Politik ihre
bürokratischen und sachfremden Vorschriften als Rettung der Kinder
feiert. Es ist also an der Zeit, dass echte Experten und Praktiker
sich zusammensetzen und neue Spielregeln und feste Standards für
das Zusammenleben des Menschen und seines besten Freundes festlegen
- damit irgendwann der Ausflug ins Grüne nicht mehr zur Nervenprobe
wird.
Quelle:
Kölner Stadt-Anzeiger vom 6. 4. 2002
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